Modellprojekt Wöllstein-Wörrstadt: Auf dem Weg zu energieneutralen Kläranlagen


Kläranlagen sind energetische Großverbraucher der Kommunen. Sie benötigen nicht selten bis zu 20 Prozent des kommunalen Gesamtenergieverbrauchs und verursachen dementsprechend hohe CO2-Emissionen. Hiermit soll zukünftig auf den Kläranlagen Gau-Bickelheim und Wöllstein Schluss sein.

Das Modellprojekt Wöllstein-Wörrstadt verfolgt das Ziel, die beiden kommunalen Kläranlagen und die gewerbliche Anlage der Firma Sutter miteinander zu vernetzen und durch die Nutzung der vorhandenen Co-Substrate die energetische Neutralität der beiden kommunalen Kläranlagen zu schaffen. Durch einen grundlegenden Umbau der Kläranlage Gau-Bickelheim und eine Umstellung der Verfahrensführung auf Klärschlammfaulung mit Blockheizkraftwerk-Betrieb und die zukünftige Nutzung der Fette aus der Fleischproduktion zur Faulgassteigerung sollen Strom- und Wärmemengen produziert werden, welche die Verbräuche der beiden Kläranlagen sogar übersteigen.

„Aus Stromverbrauchern müssen Stromerzeuger werden“, sagte Umweltstaatssekretär Dr. Erwin Manz und lobte die beteiligten Akteure für das am 8. Juni in Wörrstadt vorgestellte Modellprojekt. Zuvor hatte der Staatssekretär gemeinsam mit den beiden Bürgermeistern der Verbandsgemeinden Wöllstein und Wörrstadt Gerd Rocker und Markus Conrad, den Vorständen der AWW, der Firma Sutter, der Energieagentur Rheinland-Pfalz und den beteiligten Planern den symbolischen Spatenstich auf der Kläranlage Gau-Bickelheim vollzogen und so den offiziellen Startschuss für die Projektumsetzung gegeben.

Anschließend überreichte Hr. Dr. Manz einen Förderbescheid in Höhe von 985.900 Euro für die Investitionen der Jahre 2022 und 2023 an die Abwasserbeseitigung Wöllstein-Wörstadt AöR (AWW), die das Projekt als Eigentümerin und Betreiberin der Anlagen umsetzt. Zudem stellte er weitere Fördermittel in ähnlicher Größenordnung in Aussicht.

Hinzu kommen rd. 4,9 Mio. Euro an Bundesmitteln, die das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative als Modellprojektförderung zur Verfügung stellt. Hiermit soll die Umsetzung wegweisender investiver Modellprojekte im kommunalen Klimaschutzprojekt ermöglicht werden.

„Insgesamt werden die Baukosten für das Modellprojekt rd. 10,5 Mio. Euro betragen“, erläuterte Dennis Sartorius, Vorstandssprecher der AWW. Das Projekt stellt aber nicht nur das derzeit größte Bauprojekt der beiden Verbandsgemeinden dar, es ist mit rd. 1.600 Tonnen jährlich einzusparendem CO2 vor allem das größte kommunale Klimaschutzprojekt. Die AWW plant nach der Fertigstellung des Projekts im Jahr 2025 mit einer Kostendämpfung von mehr als 300.000 Euro für nichtgekauften Strom und nochmals rd. 60.000 Euro für die Wärme aus dem BHKW-Betrieb.

„Möglich ist die Umsetzung des Modellprojekts vor allem durch die hervorragende und langjährige interkommunale Zusammenarbeit der beiden Verbandsgemeinden“, hob Bürgermeister Markus Conrad bei seinem Grußwort hervor. Gerade das Thema Klimaschutz wird seit langem nicht nur theoretisch beplant, sondern auch praktisch angepackt. Die Vernetzung mehrerer kommunaler Kläranlagen mit einer gewerblichen Anlage, die interkommunale Zusammenarbeit der Verbandsgemeinden und der enorme Beitrag zum Klimaschutz bei einer gleichzeitigen zukünftigen Kostendämpfung lassen das Projekt insgesamt zum Vorzeigeprojekt mit hoher bundesweiter Strahlkraft werden, das zum Nachahmen anregt.

Insgesamt sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Die Kläranlage Gau-Bickelheim soll energetisch saniert und optimiert und von der simultanen aeroben Schlammstabilisierung auf Schlammfaulung mit Eigenstromerzeugung (BHKW Betrieb) umgestellt werden.
  • Die Klärschlämme der benachbarten kommunalen Kläranlage Wöllstein und der Betriebskläranlage des fleischverarbeitenden Betriebes Sutter sollen über Pumpleitungen und nicht, wie sonst üblich mit LKW Transport, zur Kläranlage Gau-Bickelheim verbracht und dort mit ausgefault werden.
  • Entsorgungspflichtige Fette aus den Fettabscheidern des fleischverarbeitenden Betriebes Sutter sollen als Co-Fermente zur Energieerzeugung auf der Kläranlage Gau Bickelheim eingesetzt werden und den Gasertrag steigern.
  • Die drei Kläranlagen sollen über einen „Infrastrukturgraben“ miteinander verbunden werden, in die Rohre für den Transport von Klärschlamm, Klärgas und Filtratwasser sowie die Kommunikationskabel für das Energiemanagement verlegt werden.
  • Die hochbelasteten, saisonal anfallenden Weinbauabwässer sollen in Zukunft energiebringend im Faulturm mitbehandelt werden.

Weitere Informationen zum Modellprojekt sowie Impressionen vom Spatenstich und der Projektpräsentation finden Sie unter www.a-w-w.org.